Kleines anthroposophisches Wörterbuch

Hier sollen nur einige wenige anthroposophische Begriffe charakterisiert werden, soweit dies für das Verständnis unseres Themas hilfreich ist. Eine umfangreiche Begriffserklärung mit zahlreichen Zitaten findet ihr hier .

Ätherleib

aura

Es gibt verschiedene Namen für diesen lebensspendenden Leib, den wir Menschen mit den Tieren und den Pflanzen gemeinsam haben, z. B. Chi (Chinesisch), Prana (Indisch) oder auch von Rudolf Steiner häufig benutzt: Lebensleib oder Lebensbildeleib. Für das sinnlich schauende Auge ist er nicht sichtbar und hat in etwa die gleiche Form wie der eng mit ihm verbundene physische Leib, durchdringt diesen vollständig und ragt nur ein paar Zentimeter über ihn hinaus.
Er sorgt für Wachstum, Stoffwechsel und sonstige Lebensprozesse, wie sie den drei Reichen Pflanze, Tier und Mensch zu eigen sind. Ist er geschwächt, werden wir kraftlos, neigen zu Immunschwäche und Krankheiten. Der Ätherleib regeneriert sich während des Schlafes, wird aber während des Wachzustandes permanent abgebaut. Jeder Abbau entspricht einem kleinen Todesprozess, ist jedoch notwendig, um Bewusstsein zu schaffen. Auch unser Denken und unsere Erinnerung spielen sich nicht, wie häufig angenommen, im Gehirn, sondern im Ätherleib ab. Das vielgerühmte Organ unter unserer Schädeldecke dient lediglich als Spiegelapparat und kann als solcher Gedanken sichtbar machen. Der physische Tod tritt ein, wenn sich der Ätherleib vollständig vom physischen Leib getrennt hat. In den drei bis vier Tagen danach erlebt unser Ätherleib das sogenannte Lebenspanorama. Wie auf einer großen Leinwand erscheinen alle Tageserlebnisse des vergangenen Lebens gleichzeitig. Wir können nun zeit- und raumlos hin- und herwandern und erkennen Zusammenhänge zwischen weit auseinanderliegenden Ereignissen unseres vergangenen Lebens. Danach sind unsere Erinnerungen tatsächlich ausgelöscht; wir erleben den zweiten Tod.

 

Astralleib

aura
Der Astralleib ist ein Wesensglied, das wir mit den Tieren gemeinsam haben. Hier leben Empfindungen, Begierden, Sympathien und Antipathien, Leidenschaften, Wünsche, Lust und Unlust, kurz alle unsere seelischen Bedürfnisse. Wir Menschen arbeiten schon zu Lebzeiten an diesem Leib, um ihn zu veredeln und zum Manas, auch Geistselbst genannt, umzugestalten. Als Aura umgibt unser Astralleib unseren physischen Leib eiförmig; er kann sich ausdehnen oder zusammenziehen. Physischer Leib und Ätherleib sind von der feinen Astralsubstanz durchdrungen. Während des Schlafes verlässt der Astralleib gemeinsam mit dem Ich unseren physischen Körper und den mit ihm verbundenen Ätherleib, um die Erlebnisse des Tages im Geistigen zu verarbeiten und die geistige Welt damit zu bereichern. Nach unserem Tod tritt er eine Reise durch verschiedene Sphären der Astralwelt an, wo er von den irdischen Anhaftungen befreit und geläutert wird. Wir erleben in dieser Zeit in rückwärtiger Reihenfolge das, was wir während unseres Schlafes zu Lebzeiten in die geistige Welt getragen haben. Nach Vollendung dieser Reise, die etwa ein Drittel unseres vergangenen Erdenlebens dauert, löst er sich auf, eine Essenz jedoch ergießt sich in den Weltenäther.

Biografieplan

Die individuelle Biografie unseres Erdenlebens spielt sich vor dem Hintergrund von Sieben-Jahres-Perioden ab. Diese Zeitangabe gilt natürlich nur ungefähr und unterscheidet sich unter Umständen geringfügig zwischen den einzelnen Individuen. Bei unserer Geburt sind zwar alle unsere Wesensglieder bereits veranlagt, wir bringen sie jedoch der Reihe nach in jeweils einem Jahrsiebt zur Entfaltung. Die Veränderungen nach den ersten drei Jahrsiebten, in denen wir zunächst den physischen Leib (1-7), nach dem Zahnwechsel den Ätherleib (8-14) und nach der Geschlechtsreife den Empfindungsleib (15-21) zur Reife bringen, sind äußerlich am auffälligsten. In den folgenden 3 x 7 = 21 Jahren folgen weitere Entwicklungsschritte der Seele. Ab dem 50. Lebensjahr haben wir zunehmend die Chance, zumindest ansatzweise unsere geistigen Erkenntnisorgane zu entwickeln. Imagination, Inspiration und Intuition führen im Idealfall zur Wahrnehmung innerer, geistiger Bilder, Klängen und Wesenheiten. Weitere markante Punkte auf unserem Lebensweg stellen die Mondknoten dar. Nach jeweils 18 Jahren, 7 Monaten und 9 Tagen wiederholt sich unsere kosmische Geburtskonstellation. Dadurch können wir einen Impuls erleben, der uns an unsere ursprüngliche Lebensaufgabe erinnern will. Auch die Planetensphären, die wir nach unserem physischen Tod durchlaufen werden, spielen während unseres Erdenlebens bereits eine wichtige Rolle. Während in den ersten 21 Jahren Mond, Merkur und Venus auf unser Wesen einwirken, so ist es zwischen 21 und 42 Jahren die Sonne mit den geistigen Wesen der zweiten Hierarchiestufe Exusiai, Dynamis und Kyriotetes. Nach dieser mittleren Lebensphase, in der vor allem unsere Seelenqualitäten zur Ausbildung kommen, treten wir schließlich in die geistigen Sphären von Mars, Jupiter und Saturn ein. Unser irdisches Leben ist ein mikrokosmisches Abbild unserer großen kosmischen Reise, die wir nach unserem physischen Tod antreten.

 

Engelhierarchien

Die Lehre von den Engelshierarchien geht auf Dionysius den Areopagiten, einen Schüler des Apostel Paulus zurück, wurde jedoch erst in einem späteren Jahrhundert niedergeschrieben. Rudolf Steiner bestätigt diese in der katholischen Kirche als Engelschöre bekannten geistigen Wesenheiten durch seine übersinnliche Forschung. Demnach gibt es drei verschiedene Gruppen mit jeweils drei unterschiedlichen Wesenheiten, also insgesamt neun Stufen zwischen uns Menschen und der dreifaltigen Gottheit. Uns am nächsten ist die dritte Hierarchie, die sich aus den Engeln, die alle unsere Inkarnationen überblicken können und uns durch unser gesamtes LEBEN begleiten, den Erzengeln und den Archai zusammensetzt. Während unseres Erdenlebens erleben wir sie in den ersten sieben Jahren als besonders präsent. Die Erzengel oder Volksgeister sind für die Geschicke einer größeren Menschengruppe, eines Volkes zuständig, die Archai, auch Zeitgeister genannt, wachen weltweit über eine ganze Zeitepoche. Zur zweiten Hierarchie zählen die hohen Wesenheiten der Exusiai oder Elohim (Geister der Form), der Dynamis (Geister der Bewegung) und der Kyriotetes (Geister der Weisheit). Der Gottheit am nächsten sind die Throne (Willenswesen), die Cherubim (Geister der Harmonie) und schließlich die Seraphim (Geister der Liebe). Wir Menschen sind dafür vorgesehen, uns einmal zur zehnten Hierarchiestufe, zu den Geistern der Freiheit zu entwickeln. Diese Entwicklung wird gerade aktuell besonders durch Widersacherkräfte vorangetrieben, die uns zur Bewusstwerdung herausfordern und anspornen.

 

Geburt und Tod

Geburt und Tod sind relative Begriffe. Von unserem Erdenleben aus betrachtet, markieren sie den Beginn und das Ende desselben. Aus Sicht der geistigen Welt jedoch wird das, was wir als Geburt bezeichnen als Tod angesehen, und unser physischer Erdentod als Geburt ins Geistige hinein. Wir können uns diesen sich immer wiederholenden Ablauf zwischen unseren Daseinsformen wie auf einer Lemniskate (liegende Acht) vorstellen, in der Geburt und Tod am Schnittpunkt zusammenfallen, allerdings nicht auf einer Ebene, sondern mit einer dynamischen Entwicklung nach oben, denn in jedem LEBENsabschnitt lernen wir dazu und bringen neue Impulse in die Welt, in die wir nach unserer Geburt bzw. unserem Tod eintauchen. Dieser Schnittpunkt der Lemniskate bedeutet jeweils eine große Metamorphose, eine Wandlung in einen anderen Seinszustand hinein.

 

Ich

„Ich“ ist der einzigartige Name, mit dem sich jeder Mensch nur selbst benennen kann. Unser Ich entspricht dem göttlichen Funken in uns, der von den Schöpfergöttern in uns veranlagt wurde. Die Geschichte vom Abstieg des Menschen auf die materielle Erde, auch Sündenfall genannt, berichtet von der Versuchung, zu der uns die Schlage Luzifer verführt hat. Indem wir die Frucht vom Baum der Erkenntnis gegessen hatten, trat der Eigenwille in unser Leben und damit die Freiheit, von dem einen göttlichen Weg abzuweichen und dem Irrtum und gar dem Bösen anheim zu fallen. Seither hat unser Ich eine lange Entwicklung durchgemacht, wobei es über Äonen nicht als individuelles Wesensglied empfunden wurde. Vielmehr erlebten die Menschen sich früher als Glied ihres Stammes, ihrer Volksgruppe oder ihrer Familie. Erst durch die Menschwerdung des Christus im Körper des Jesus von Nazareth wurde das Bewusstsein für das individuelle Ich eines jeden einzigartigen Menschen erweckt und die Bindung an die Blutsbande überwunden. In der deutschen Sprache zeugen die Initialen des Jesus Christus von diesem wunderbaren Zusammenhang: Jesus Christus = I.Ch. (I und J wurden früher nicht unterschieden). Rudolf Steiner sagte dazu 1907:

„Die Worte, ja selbst die Buchstaben haben alle einen geheimen tiefen Sinn. Unser deutsches „Ich“ mit seinen Buchstabenverbindungen I–C–H enthält in sich die Initialen von Jesus Christus. Die großen Eingeweihten leiteten das Wort darauf hin, daß das Ich = Jesus Christus dabei herauskam. Nur ein Volk konnte die Geburt des Namens Jesus Christus aus dem Ich heraus finden. Und so ist die deutsche christliche Mystik entstanden. Das deutsche Ich gibt Kraft in die Seele“

Über den Zusammenhang zwischen dem Tod und unserem Ich sagte Rudolf Steiner:

„Nur dadurch, daß der Mensch immer wieder, wenn eine Inkarnation zu Ende geht, durch die Pforte des Todes schreitet und seine Hüllen abstreift, nur dadurch kommt er zum eigentlichen Bewußtsein des Ich. Der Mensch muß lernen, den Tod zu überwinden. Ohne daß der Tod in die Welt getreten wäre, hätte der Mensch nicht das Selbstbewußtsein kennengelernt. So mußte der Tod der große Lehrmeister der physischen Welt werden. Das hängt mit einem großen Ereignis zusammen. Wenn er niemals auf die physische Erde heruntergestiegen wäre, wenn er immer oben in den geistigen Sphären geblieben wäre, hätte der Mensch niemals erfahren können, was das größte Ereignis der Erdenentwickelung ist: das Mysterium von Golgatha.“ (GA 108)

… und weiter über die Ich-Wahrnehmung nach dem Tod:

„Würden wir beim Durchgang durch die Todespforte dieses Erlebnis nicht haben können, das wir wissentlich mitmachen, das Weggehen unseres physischen Leibes, so würden wir nach dem Tode niemals ein Ich-Bewußtsein entfalten können! Das Ich-Bewußtsein nach dem Tode wird angeregt durch dieses Erleben des Hinweggehens des physischen Leibes. Für den Toten ist es von größter Bedeutung: Ich sehe meinen physischen Leib von mir hinwegschwinden. – Und das andere: Ich sehe aus diesem Ereignis heraus in mir selber die Empfindung erwachsen: Ich bin ein Ich. – Man kann das paradoxe Wort aussprechen: Könnten wir unseren Tod nicht erleben von der anderen Seite, würden wir nach dem Tode nicht ein Ich-Bewußtsein haben können. – So wahr die Menschenseele, wenn sie durch die Geburt oder auch schon durch die Empfängnis ins Dasein tritt, sich nach und nach dem Gebrauche des physischen Apparates anpaßt und dadurch das Ich-Bewußtsein im Leibe gewinnt, so wahr gewinnt das Menschenwesen das Ich-Bewußtsein nach dem Tode von der anderen Seite des Daseins dadurch, daß es das Abfallen des physischen Leibes von dem Gesamtmenschen erlebt.“ (GA 168)

 

Kamaloka

Ist der indische Begriff für das, was nach kirchlicher Tradition als Fegefeuer bezeichnet wird. Es handelt sich dabei nicht um einen Ort, sondern um verschiedene dem Mond zugeordnete Sphären der Astralwelt, in denen wir uns nach und nach von allen Anhaltungen unseres vergangenen Erdenlebens lösen müssen. Je nachdem, wie stark wir uns von unseren Süchten, Begierden und Wünschen haben bestimmen lassen, kann das durchaus schmerzhaft sein. In der griechischen Mythologie tritt uns das Kamaloka in Gestalt der Tantalos-Qualen entgegen. Es liegt an uns, inwieweit es uns schon zu Lebzeiten gelingt, uns von diesen astralischen Anhaftungen zu befreien bzw. wie weit wir sie bereits geläutert und in ein höheres Seelisches verwandelt haben. Unser Aufenthalt in der astralischen Welt dauert etwa ein Drittel unseres vergangenen Erdenlebens, die Zeit, die wir zu Lebzeiten im Schlaf verbracht haben. Im Rückwärtsgang erleben wir die nächtliche Aufbereitung unserer Tageserlebnisse, einschließlich der Empfindung unserer Mitmenschen, die wir bei ihnen ausgelöst haben. Eine gute Vorbereitungsübung ist es, sich den Tagesablauf vor dem Einschlafen in rückwärtiger Abfolge vorzustellen, was anfangs gar nicht so einfach ist. Die Sphären des Kamaloka scheinen besonders bedeutsam für die Ich-Entwicklung im nächsten Erdenleben zu sein. Nachdem die Läuterung von dem Astralischen erfolgt ist, wandert unsere Wesenheit davon unbelastet weiter durch verschiedene geistige Sphären, wo sie den Urbildern der Schöpfung begegnet. Erst auf dem Rückweg zur Erde, wenn wir eine neue Inkarnation vorbereiten, nehmen wir das zurückgelassene Astralische wieder auf, allerdings in einer ganz und gar verwandelten Form.

Karma und wiederholte Erdenleben

Auch als universelles Schicksalsgesetz von Ursache und Wirkung bekannt, ist das Karma untrennbar mit dem Begriff der Wiedergeburt verbunden. Kurz bevor wir unsere Reise durch die geistige Welt beenden, um ein neues Erdenleben zu wagen, müssen wir unser Karmapäckchen wieder einsammeln, das wir nach unserem letzten Tod in einer erdnahen Sphäre zurückgelassen haben. In gewandelter Form enthält es die Folgen unserer Taten im vergangenen Leben und wird in den neu zu schaffenden Astralleib eingewoben. Häufig wird Karma als eine Art Strafe der geistigen Welt missverstanden, doch das entspricht ganz und gar nicht seinem Wesen. Im Gegenteil bietet es uns die Chance, unsere Fehler wieder gut zu machen, denn alles im Universum strebt einem Ausgleich entgegen. Ohne Reinkarnation und Karma wäre unsere Weiterentwicklung nicht möglich. Karma ist also ein Segen, den wir uns während unseres Aufenthalts im Jenseits in Eigenverantwortung selbst herbeiwünschen, auch wenn das unter Umständen aus irdischer Sicht unangenehme Herausforderungen mit sich bringt. Außer diesem vergangenheitsbezogenen Mondkarma gibt es auch ein sogenanntes Sonnenkarma, das auf die Zukunft gerichtet ist und aus den jeweils vorgefundenen Verhältnissen etwas ganz Neues ermöglicht: die Schöpfung aus dem Nichts.

Reinkarnation und Karma waren für fast alle frühen Kulturen selbstverständlicher Bestandteil des Lebens. Im Kirchen-Christentum ist es zwar über viele Jahrhunderte in den Hintergrund getreten, doch gibt es auch in der Bibel viele diesbezügliche Andeutungen, nicht zuletzt durch den Christus selbst, der nach anthroposophischer Auffassung der Herr des Karmas ist. Da der Mensch nicht nur ein Einzelwesen ist, trägt er nicht nur sein individuelles Karma, sondern hat auch Anteil am Karma seines Volkes bzw. der Menschheit als Ganzes.

Rudolf Steiner weist am 8. Dezember 1904 darauf hin: „Es kommt nicht darauf an über Karma zu sprechen und über Reinkarnation, sondern darauf: Den Geist, der in ihnen lebt, zum Former, zum Gestalter der Worte zu machen.“

 

Krankheit

wird heute häufig als Unglück betrachtet, gegen das wir ankämpfen müssten, um sie möglichst schnell wieder loszuwerden. Dabei steht allzu oft nicht die ganzheitliche Heilung, sondern die Bekämpfung von Symptomen im Vordergrund. Häufig gibt man sich gar nicht die Mühe, der wahren Ursache auf die Spur zu kommen, sondern versucht die unerwünschten Erscheinungen, die die Krankheit mit sich bringt, mit allerlei Medizin zu unterdrücken, was durchaus von zeitweisem Erfolg gekrönt sein mag. Meist zeigen sich nach einer Weile jedoch an anderer Stelle erneut und schlimmere Symptome, die uns daran erinnern, dass das ursprüngliche Problem noch nicht behoben wurde. Gesundheit besteht in dem richtigen Zusammenwirken von seelischen und leiblichen Wesensglieder, Krankheit in ihrem aus dem Gleichgewicht geratenen. Jede Krankheit muss nach anthroposophischer Auffassung also psychosomatisch behandelt werden, das gilt auch für Infektionskrankheiten, die keineswegs nur durch von außen an uns herantretende Erreger verursacht werden. Krankheiten können auch karmisch bedingt sein, d. h. das in früheren Zeiten begangene Unrecht kann durch sie zutage treten. Rudolf Steiner gibt in einem seiner Vorträge den folgenden Zukunftsausblick:

„Medizin wird eine geistige Wissenschaft werden. Und wie man in alten Zeiten die Medizin als geistige Wissenschaft gekannt hat, wird man sie als geistige Wissenschaft wiedererkennen.“  (GA 178, S. 74)

 

Lebenspanorama

Mit diesem Begriff wird das Tableau unseres vergangenen Lebens bezeichnet, das unser Ätherleib für drei bis vier Tage nach Eintritt des physischen Todes vor uns aufrollt. Menschen, die Nahtoderlebnisse hatten, berichten auch häufig von einer Art Lebensfilm, der in rasender Geschwindigkeit vor ihnen abläuft, sobald sich der Ätherleib sehr stark vom physischen Leib ablöst, der Lebensfaden jedoch noch nicht vollständig gerissen ist. Danach werden alle unsere Erinnerungen freigesetzt und die vergangenen Erlebnisse erscheinen zeitgleich wie auf einer riesigen Leinwand. Dies versetzt uns in die Lage, in neutraler Weise Beziehungen zwischen verschiedenen Ereignissen herzustellen, ohne diese zu bejubeln, zu bedauern oder sonst wie zu bewerten. Nach drei bis vier Tagen verblasst das Lebenspanorama und unsere individuellen Erinnerungen verlöschen. Eine Essenz unseres Ätherleibs geht jedoch in den Weltenäther ein.

Mysterium von Golgatha

Die geistigen Forschungen Rudolf Steiners haben ergeben, dass der Kreuzestod Jesu Christi tatsächlich am Freitag, den 3. April des Jahres 33 stattgefunden hat. Dieses zunächst äußere Ereignis hat eine gravierende Bedeutung für die gesamte Erde sowie für die Möglichkeiten der Fortentwicklung der Menschheit. Aus geisteswissenschaftlicher Sicht wird es als das zentrale Erdenereignis betrachtet. Durch sein Opfer hat der Christus die Folgen des „Sündenfalls“ aufgehoben, nicht jedoch das individuelle Karma des einzelnen Menschen. Er hat sich mit der Erde verbunden, die er zu seinem Leib gemacht hat und den Keim für Ihre künftige Metamorphose zur Sonne gelegt. Für uns Menschen ist die Entwicklung zu einem freien Ich durch das Mysterium von Golgatha erst möglich geworden. Unsere Mitwirkung an der Schöpfung wird möglich, weil dasjenige, was wir hier auf Erden erkennen, nun in die geistige Welt getragen wird und diese bereichert. All dies gilt nicht nur für Angehörige der christlichen Kirche, sondern für alle Menschen, unabhängig von der Religion, der sie angehören. Allerdings ist es kein Selbstläufer, sondern erfordert unsere Eigeninitiative und unser aktives Wirken in der Welt.

„… dieses Etwas, das den Tod nicht mitmacht, was die Menschen sich nach und nach erobern durch den Einfluß des Christus-Impulses, das strömt nun zurück, das strömt hinaus in den Weltenraum, das bildet, je nachdem es stärker oder schwächer ist im Menschen, eine Kraft, die da hinausfließt in den Weltenraum. Und es wird diese Kraft eine Sphäre um die Erde herum bilden, die im Sonne- Werden ist. Eine Art von Geistes-Sphäre bildet sich um die Erde herum aus den lebendig gewordenen Ätherleibern. Ebenso wie das Christus- Licht von der Erde ausstrahlt, ebenso haben wir eine Art von Widerspiegelung des Christus-Lichtes im Umkreise der Erde. Was hier widergespiegelt wird als Christus-Licht, und was als Folge des Christus-Ereignisses eingetreten ist, ist das, was Christus den Heiligen Geist nennt. Ebenso wahr, wie die Erde ihr Sonne-Werden beginnt durch das Ereignis von Golgatha, ebenso wahr ist es, daß von diesem Ereignis an die Erde auch beginnt, schöpferisch zu werden und um sich herum einen geistigen Ring zu bilden, der später wiederum zu einer Art von Planet um die Erde wird“ (Rudolf Steiner, GA 112, S.249)

 

 

 

Planetensphären

Beireits während unseres Erdenlebens wirken einzelne Planetensphären in bestimmten Lebensaltern auf unsere Entwicklung ein. Nach unserem physischen Tod  treten wir dort hinein, wenn wir das dreitägige Lebenspanorama und das im Normalfall etwa 20 bis 30 Jahre dauernde Kamaloka in Mondnähe durchschritten haben. Die untersten Planetensphären von Merkur, Venus und Sonne gehören noch der astralischen Welt an. Hier gilt es u. a. Vorurteile gegenüber anderen Weltanschauungen zu läutern und uns von den letzten Verbindungen mit unserem vergangenen Erdenleben zu trennen. Dazu gehören auch Dinge wie Naturschwärmerei oder unser soziales Wirken. Erst danach treten wir ins eigentlich Geistige (Devachan) ein, wo wir mit den Urbildern der physischen Welt (Mars), der Ideen und Absichten konfrontiert werden. Unsere nachtodliche Reise führt uns über die Saturnsphäre, also über unser Sonnensystem hinaus; denn erst die Fixsternsphäre ist die eigentliche Region unseres Ich, jenes göttlichen Funken, dem wir uns durch all unsere Inkarnationen immer mehr annähern dürfen. Jede der Planetensphären entspricht dem Wirkungsbereich eines der Elohim, Geister der Form, die in der göttlichen Hierarchie vier Stufen über uns Menschen stehen. Einer von ihnen ist Jahve, der Gott des Alten Testaments, der mit dem menschlichen Leben zwischen Geburt und Tod auf der Erde zu tun hat.

 

Reinkarnation

Der Gedanke, dass sich unsere Seele viele Male auf der Erde verkörpert, hat in den letzten Jahrzehnten auch im Westen immer mehr Verbreitung gefunden. Fälschlicherweise wird häufig angenommen, dass sowohl unsere äußere Gestalt als auch unsere Rolle auf Erden sich von Verkörperung zu Verkörperung sehr ähneln würden. Dieser Irrtum ist sogar bei sogenannten Reinkarnationstherapeuten verbreitet, als deren Wegbereiter der „schlafende Prophet“, Edgar Cayce gilt. Der Amerikaner (1877-1945) empfing seine Visionen über vergangene Leben seiner Klienten in einem tranceähnlichen Schlafzustand. Dies steht im Widerspruch zu den Reinkarnationsforschungen Rudolf Steiners, der das alte „atavistische Hellsehen“ für unzeitgemäß und, in der heutigen Zeit angewendet, für sehr gefährlich hält. Vielmehr muss sich der moderne Mensch erst langsam wieder die Fähigkeit zur Imagination auf Grundlage seines wachen Tagesbewusstseins erarbeiten. Andere, u. U. schnellere Methoden, in die geistige Welt zu blicken, bergen die Gefahr in sich, dass andere, unerwünschte geistige Mächte sich Zugang zu unserem Bewusstsein verschaffen.

Nachdem der Mensch nach seinem Tod das Kamaloka, die Merkur- und Venussphäre durchwandert hat, tritt er in die Sonnensphäre ein. Befreit von seinen Unzulänglichkeiten setzt hier eine tiefgehende Metamorphose zwischen Gliedmaßen- und Kopfsystem des Menschen ein. Dieser Vorgang setzt sich auf der weiteren Planetenreise fort und bedingt, dass unsere irdischen Persönlichkeiten sich in den verschiedenen Erdenleben eben gerade nicht ähneln. Rudolf Steiner beobachtete einen durchschnittlichen Verbleib im Jenseits von etwa Tausend Jahren, wobei die Wesenheit des Menschen sich meist abwechselnd jeweils in einem männlichen und weiblichen Körper inkarniert. Da es ja bei den Erdenleben auch um die Möglichkeit geht, neue Erfahrungen zu sammeln, erscheint es sinnvoll, in einer stark veränderten Welt und aus unterschiedlicher Perspektive der Geschlechter auf die Erde zurückzukehren. Vieles deutet jedoch darauf hin, dass wir uns heute in unserer stark beschleunigt empfundenen Zeit häufiger in kürzerer Abfolge inkarnieren.

 

 

Seele

Der Begriff Seele wird häufig benutzt, wenn wir allgemein das Innere des Menschen benennen wollen, die Summe seiner Eigenheiten, Gefühle und Bedürfnisse. Die Seele bezeichnet im dreigliedrigen Menschen jenes mittlere Glied, das Leib und Geist miteinander verbindet, zu denen es jeweils Überschneidungsbereiche gibt. Im geisteswissenschaftlichen Sinne ist das Seelische im Menschen gleichbedeutend mit dem Astralischen, das sieben verschiedene Sphären umfasst.

„Mit Leib ist hier dasjenige gemeint, wodurch sich dem Menschen die Dinge seiner Umwelt offenbaren […] Mit dem Worte Seele soll auf das gedeutet werden, wodurch er die Dinge mit seinem eigenen Dasein verbindet, wodurch er Gefallen und Mißfallen, Lust und Unlust, Freude und Schmerz an ihnen empfindet. Als Geist ist das gemeint, was in ihm offenbar wird, wenn er, nach Goethes Ausdruck, die Dinge als «gleichsam göttliches Wesen» ansieht. – In diesem Sinne besteht der Mensch aus Leib, Seele und Geist.“ (Rudolf Steiner, GA 9)

 

Sterben

Der Sterbeprozess beginnt unmittelbar nach der Geburt, denn jede Bewusstseinsbildung im Wachzustand bewirkt ein Absterben im Physischen. Mindestens bis zur Lebensmitte fällt uns dies nicht besonders auf, da die aufbauenden Lebensprozesse überwiegen und die Regenerationsvorgänge an unserem Ätherleib während des Schlafes manches auszugleichen vermögen. Doch mit zunehmendem Alter zeigen sich die Verfallserscheinungen immer deutlicher, Organfunktionen werden schwächer und versagen schließlich kurz vor Eintritt des Todes, nach und nach ihren Dienst. Astral und Ätherleib lösen sich langsam von den Beinen ausgehend vom physischen Leib bis die Silberschnur (Verbindung zwischen Ätherleib und physischem Leib) vollends abreißt. In den kommenden drei Tagen befindet sich der Verstorbene in der Äthersphäre, wo ihm das Lebenspanorama präsentiert wird. Hier verarbeitet er die Erinnerungen an sein vergangenes Leben, befindet sich also noch in einer erdnahen Sphäre. In seltenen Fällen kommt es vor, dass ein vermeintlich Verstorbener noch einmal ins irdische Leben zurückkehrt. Deshalb war es früher üblich, dass Angehörige in dieser Zeit Totenwache hielten. Wenn das Leben aus ihm gewichen ist, wird der physische Leib starr und fällt den der materiellen Natur innewohnenden Verwesungs- und Zerfallskräften anheim. Damit ist der physisch-mineralische Leib des Menschen zum leblosen Leichnam geworden. Der Mensch tritt nun ohne diesen seine lange Reise durch das Universum an.

In Christo morimur = in dem Christus sterben wir

lautet der mittlere Teil des dreiteiligen Rosenkreuzerspruches. Das bedeutet, dass wir das, was wir während unserer Lebzeiten auf Erden von dem Christus erfahren und in uns aufnehmen, mit in die geistige Welt nehmen, dass es also nicht verloren geht. Am besten gelingt dies heute durch die Beschäftigung mit der anthroposophisch orientierten Geisteswissenschaft.

 

Todeserfahrung

Im Moment des Todes wird das gesamte Bewusstsein des Menschen freigesetzt, was der Hinübergehende als eine Überflutung mit Licht in unvorstellbarem Ausmaß erlebt. Dieses Licht wird ihn in der gesamten Zeit, die er zwischen Tod und neuer Geburt im Geistigen verbringt, durch das Jenseits begleiten und dafür sorgen, dass er dort drüben „sehen“ kann, natürlich in anderer Weise als er es zu Lebzeiten durch seine physischen Augen gewöhnt war.

Rudolf Steiner beschreibt das Todeserlebnis in der GA 161, S. 128f:

„Daß der Mensch nicht unmittelbar nach dem Tode imstande ist, diesen Moment des Todes gleich zu erschauen, das hängt damit zusammen, daß wir nun nicht zuwenig Bewußtsein haben, wenn der Tod eingetreten ist, sondern im Gegenteil, daß wir zuviel Bewußtsein haben. Erinnern Sie sich nur an dasjenige, was in den Wiener Vorträgen steht: daß wir uns hineinleben nicht in zuwenig Weisheit, sondern in zuviel Weisheit, in eine uns wie überflutende, unendliche, von überall an uns herandringende Weisheit. Unweise zu sein ist uns unmöglich nach dem Tode. Diese Weisheit kommt über uns wie ein uns allseitig überflutendes Licht, und wir müssen im Gegenteil erst dahin gelangen, uns zu beschränken, uns in dem, worinnen wir anfangs nicht orientiert sind, zu orientieren. Also durch dieses Herabstimmen des ganz hochgestimmten Bewußtseins bis zu dem Grade von Bewußtheit, den wir ertragen können nach unserer irdischen Vorbereitung bis zum Tode, durch dieses Herabstimmen kommen wir zu dem, was wir das Erwachen nennen können nach dem Tode.“

 

Weltenmitternacht

ist die Bezeichnung für den Wendepunkt zwischen Tod und neuer Geburt. Hier ist die Verarbeitung des vergangenen Lebens abgeschlossen und der Mensch entscheidet sich dazu, wieder hinunterzusteigen, um eine neue Inkarnation vorzubereiten

Wesensglieder

Nach der einfachsten von mehreren in der Geisteswissenschaft gebräuchlichen Gliederungen bildet sich die menschliche Wesenheit aus vier Wesensgliedern: dem physisch-mineralischen Leib, dem Ätherleib, dem Astralleib und dem Ich. Auf Erden ist der Mensch das einzige Ich-Wesen, da die Tiere nicht über ein individuelles Ich, sondern nur über ein Gruppen-Ich für jede Tierart verfügen. Ihr höchstes Wesensglied ist der Astralleib, in dem sie ihre Begierden und Empfindungen ausleben. Pflanzen stehen unterhalb von Tier und Mensch. Sie werden mit Hilfe von Ätherkräften zum Wachstum und zu sonstigen Lebensprozessen angeregt. Die Steine und Mineralien schließlich sind nicht im eigentlichen Sinne lebendig, da sie keinen Ätherleib besitzen. Sie verfügen jedoch über ein allumfassendes, wenn auch absolut dumpfes Bewusstsein, so wie es in den ersten Menschkeimen vor Urzeiten auf dem alten Saturn veranlagt wurde. Eine mehrgliedrige Aufteilung der menschlichen Wesensglieder findet ihr hier.

Ein indisches Sprichwort sagt:

Gott schläft im Stein,
atmet in der Pflanze,
träumt im Tier,
und erwacht im Menschen.

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