Sehr wichtig ist das würdige Abschiednehmen von dem Verstorbenen, das ihm und seinem Wirken auf Erden gerecht wird. Wenn der Verstorbene dies nicht ausdrücklich so gewünscht hat, sollte die Beisetzung nicht „in aller Stille“ geschehen, sondern unter der Beteiligung lieber Gäste. Es ist ein schöner Brauch, dass wir uns bei der Trauerfeier und dem anschließenden Beisammensein der Erlebnisse, die wir mit dem Verstorbenen teilen durften, erinnern dürfen. Manchmal öffnet sich bei dieser Gelegenheit eine Ahnung für jene andere Wirklichkeit, in der er sich nun befindet, und vielleicht wird der Vorhang, der die beiden Welten normalerweise voneinander zu trennen scheint, sogar etwas durchlässiger.
Wir mögen es uns dann gut vorstellen können, dass diejenigen, die durch den so genannten Tod gegangen sind, aus ihrer neuen Position in der geistigen Welt heraus noch am Geschehen auf der Erde und am Schicksal derer, mit denen sie zu Lebzeiten in Verbindung standen, teilnehmen. Die beiden Reiche des Irdischen und des Geistigen sind nicht getrennt voneinander. Es kommt nicht selten vor, dass sich unsere Verstorbenen bei uns bemerkbar machen, so dass uns ihre Gegenwart durch ein bestimmtes Zeichen, das sie uns geben, bewusst wird. Dies kann zum Beispiel durch einen bestimmten Duft geschehen, den sie zu Lebzeiten ausgesandt haben und der uns auch jetzt, nach ihrem Tod, plötzlich in die Nase strömt. Vielleicht wollen sie uns damit einen Hinweis geben? Rudolf Steiner meint dazu:
„Und man kann schon dadurch, dass man ein Verhältnis gewinnt, ein bewusstes Verhältnis zu den Toten, aus dem Urteile der Toten auch über Erdenverhältnisse außerordentlich viel Lichtvolles gewinnen.“
Wir können aber auch lernen, ganz bewusst mit Verstorbenen zu kommunizieren. Dazu müssen wir uns ihre Sprache aneignen, die sich von der unsrigen unterscheidet. Abstrakte Begriffe und Substantive sind schon bald nicht mehr für sie verständlich, wohingegen Verben und eine bildhafte Sprache noch längere Zeit verstanden werden.
„Und insbesondere sprechen sich die Toten gern durch Empfindungsworte aus, durch all dasjenige, was mit dem Gefühl und dem Gemüte zusammenhängt. Ein Ach!, Ein Oh! Als Ausdruck der Verwunderung, als Ausdruck des Überraschtseins und dergleichen, ist dasjenige, was vielfach von den Toten in ihrer Sprache geübt wird. Man muß gewissermaßen die Sprache der Toten auch erst lernen.“
Einen besonders guten Zugang gewinnen wir auch über die Kommunikation durch lebendige Bilder. Die anthroposophische Sprache, die Rudolf Steiners vor allem in seinen Sprüchen und Wahrworten anwendet, wird ebenfalls sehr gut in der geistigen Welt verstanden, denn sie richtet sich nicht in erster Linie an den Intellekt.
So ist es eine wunderbare Möglichkeit, wie wir mit unseren Verstorbenen in Kontakt kommen können, wenn wir ihnen aus den Werken Rudolf Steiners vorlesen. Das muss nicht durch das gesprochene Wort geschehen, wir können die Texte für uns lesen und unsere Lieben aus der jenseitigen Welt dazu einladen, sie begrüßen, uns vorstellen, wie sie auf einem Stuhl oder Sessel uns gegenüber Platz nehmen und während der Lesung des Textes an sie denken. Wenn wir fertig sind, können wir sie auch wieder verabschieden. Das ist ein ungeheurer Liebesdienst, denn die Beschäftigung mit geistigen Inhalten ist für die Toten solch eine Nahrung wie für uns im Diesseits die Nahrungsmittel aus der Natur.
Mit unseren materialistischen Tagesgedanken können sie dagegen nichts anfangen. Wenn sich unsere Gedanken darin erschöpfen, sind wir für sie schlicht nicht wahrnehmbar. Wenn sie selbst sich zu ihren Lebzeiten nicht mit spirituellen Inhalten beschäftigt haben, führt das zu Blindheit in den geistigen Sphären, die sie nach dem physischen Tod durchlaufen. Gerade dann sind sie besonders auf unsere Unterstützung angewiesen, damit sie im Geistigen sehend werden und ihr vergangenes Erdenleben bewusst verarbeiten können. Nur so ist ein Lernen aus Irrtümern und Fehlern und damit eine Weiterentwicklung des Einzelnen und der Menschheit möglich. Rudolf Steiner sagt dazu:
„Vorstellungen, die sich bloß auf die materielle Welt beziehen, auf dasjenige, was draußen in der Natur ist, die Leben in unserer Seele so, dass die Toten sie nicht sehen können, die haben keine Bedeutung für die Toten. Wir können noch so gelehrt, noch so weise über die Dinge der äußeren Natur nachdenken, unsere Gedanken sind ein Nichts für die Toten. In dem Augenblick, wo wir Gedanken hegen, die sich auf die geistige Welt beziehen, sind die Gedanken unmittelbar da für die Toten.“
Vor diesem Hintergrund gewinnt die Beschäftigung mit geisteswissenschaftlichen Inhalten noch einmal eine ganz neue Bedeutungsqualität, denn sie bietet nicht nur uns selbst, sondern auch unseren geliebten Verstorbenen die so wichtige geistige Nahrung.